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Kunst

Nanea Lum: Naturkunst aus Hawaii

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Die Bilder der hawaiianischen Künstlerin Nanea Lum entstehen in Zusammenarbeit mit der Natur. In unserem Ausflug auf die Insel O’ahu schauen wir uns ihre Kunst genauer an.

Zufrieden lässt sich Nanea Lum auf einen Stein fallen und betrachtet, was sie gerade erschaffen hat. Auf einem Stück Stoff hat sie aus Tonsteinen einen Hügel gestapelt. Jeden davon hat sie einzeln gesucht und getragen. Manche von ihnen sind so groß wie eine Faust, andere haben die Größe eines Fußballs. Die Steine hat sie im Bett des Flusses Waihi gefunden, der sich wenige Meter von ihr entfernt seinen Weg durch das Mānoa-Tal bahnt. Das Tal liegt auf der hawaiianischen Insel O’ahu. Mānoa ist hawaiianisch und bedeutet übersetzt dunkel, dicht oder dick. Denn um den Fluss herum breitet sich üppiger Regenwald aus. Nanea hält kurz inne und kühlt ihre Füße im Flusswasser. Dann baut sie den Steinhügel ab und nimmt das Stück Stoff in die Hand. Es ist fast so groß wie sie selbst, nass vom Boden, in verschiedene Braun- und Grautöne gefärbt. Es hat die Farben und Formen der Natur angenommen. In ihrem Atelier wird Nanea daraus ein Gemälde erschaffen.

Die Stoffe für ihre Bilder stellt Nanea selbst her

Nanea ist gebürtige Hawaiianerin und arbeitet als Künstlerin in Honolulu. „Malen ist meine dritte Sprache nach Englisch und Hawaiianisch“, sagt sie. „Mit meiner Kunst möchte ich die Welt aus der Sicht der Kānaka, der Ureinwohner von Hawaii, zeigen.“ Deshalb bindet sie in ihre Werke traditionelle hawaiianische Techniken mit ein.
Das fängt schon bei der Wahl ihrer Leinwand an: Das Stück Stoff, dass sie im Mānoa-Tal mit Steinen belegte, ist Kapa. Das ist ein Material, das aus dem Rindenbast des Wauke-Baums gewonnen wird. Früher haben es die Kānaka als Kleidung verwendet.
Nanea stellt ihr Kapa selbst her, obwohl das sehr aufwändig ist. Dazu entfernt sie zunächst die Rinde des Wauke-Baums, um das darunter liegende Rindenbast streifenweise abzulösen. Die Streifen legt sie dann in Wasser ein. Mit einem hölzernen Schlegel klopft sie sie anschließend auf einem flach geschliffenen Stein oder einem Holzbrett in die Breite. Durch das Schlagen vergrößert sich die Oberfläche und die Fasern verfilzen miteinander, sodass ein fester Stoff entsteht. In ihren Ausstellungen zeigt sie Videos über die Herstellung des Stoffs oder schlägt das Kapa selbst vor Ort. „Das Publikum soll verstehen, welche Arbeit dahintersteckt. Dass es nicht nur um das fertige Gemälde geht, sondern um die vielen Schritte davor“, sagt sie. Nanea stört der Aufwand nicht: „Kapa zu machen, bereichert mein Leben. Die Herstellung ist Teil meines kreativen Prozesses.“

Ihre Leinwände werden Teil der Landschaft

Im Mānoa-Tal lässt sie ihr Kapa dann Teil der Natur werden. Sie legt es in den Fluss, in Sümpfe – oder bedeckt es mit Hügeln aus Tonsteinen. So entsteht die Leinwand für ihre Naturkunst. Die Idee für diese Technik hat sie einem Regenschauer zu verdanken. Der spülte eines Tages ihre Farben von der Leinwand, als sie dabei war den Waihi-Fluss zu malen. Am nächsten Tag kehrte sie zurück und versuchte, die Landschaft auf derselben Leinwand weiterzumalen. Doch das Baumwollgewebe nahm die Farbpigmente nicht mehr wie gewohnt an. Zurück in ihrem Atelier stellte sie fest, dass der Regen Wassermarken in der Mitte der Leinwand hinterlassen hatte – genau da, wo sie zuvor den Waihi-Strom gemalt hatte. „Da wurde mir klar, dass der Fluss sich durch den Regen selbst dargestellt hatte“, erinnert sich Nanea.
Seitdem bindet sie die Natur rund um den Waihi-Strom in ihre künstlerische Arbeit ein. Um sich zwischen dem Dickicht des Mānoa-Tals Zugang zum Fluss zu verschaffen, studiert Nanea Karten des Gebiets. „Karten lernen ist für mich der Weg, einen Ort wie Mānoa kennenzulernen“, sagt sie. „Damit beginnt jedes meiner Gemälde.“ Bevor sie den Fluss betritt, bittet sie den hawaiianischen Gott Kane mit Gesängen und Wassergebeten um Erlaubnis. Er steht für die Reinheit, das Leben und die Vitalität des Süßwassers.
Wenn die Leinwand fertig ist, malt sie in ihrem Atelier die Konturen nach, die die Natur auf dem Kapa hinterlassen hat. Ihre Farben gewinnt sie aus Pigmenten der Tonsteine, die sie im Waihi-Strom sammelt. In Kokosnussschalen stampft sie sie zu Pulver. So schafft sie mit ihren Bildern eine abstrakte Darstellung der Wirklichkeit.

Mit ihrer Kunst drückt Nanea ihre Liebe zur Natur aus

Durch die Verbindung mit der Natur wird Naneas Kunst Teil von ‚Aloha ‚Āina‘. Das bedeutet „Liebe zum Land“ und ist ein kosmologisches Konzept der Kānaka. Es gründet auf dem Gefühl der Verbundenheit mit allen Lebewesen. „Aloha ‚Āina ist, wenn du während eines Strandspaziergangs Plastik einsammelst. Wenn du einen Teil deines Gartens umgräbst, um Gemüse für dich und deine Nachbarn anbauen zu können. Aloha ‚Āina ist auch, wenn du einen umgestürzten Baum im Bach siehst und das Wochenende nutzt, um den Bach von Schutt zu befreien, damit er reibungslos laufen kann“, erklärt Nanea. Für sie bedeutet Aloha ‚Āina, ihre Werke mit der Natur zu erschaffen, gemeinsam mit den Witterungsverhältnissen zu malen, mit dem, was die Landschaft hergibt. So bringt sie in ihren Gemälden ihre Liebe zur Natur zum Ausdruck. Eine Tätigkeit, die ihr viel zurückgibt: „Es gibt diese Momente während des kreativen Prozesses, in denen ich denke: Hier möchte ich bleiben. Halte die Zeit für immer an und lass mich einfach hier“, sagt sie.

Durch Naturkunst kommt man der Natur ganz nahe.
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Durch Naturkunst können wir uns mit der Umgebung verbinden und entschleunigen.

Naturkunst selbst machen

Du willst dich wieder mehr mit der Natur verbinden, kreativ werden und einen Ausgleich zum hektischen Alltag finden? Dann ist Naturkunst das Richtige für dich. Für deine künstlerische Arbeit nutzt du Naturmaterialien wie Holz oder Steine, die du in der Landschaft um dich herum findest. Probiere doch zum Beispiel diese Ideen einmal aus.

Idee 1 – Waldmandalas legen

Deinen nächsten Spaziergang im Wald kannst du nutzen, um dein eigenes Mandala aus Naturmaterialien zu erschaffen. Sammle dazu auf, was dir ins Auge sticht, und setze an deinem Lieblingsplatz dein Kreisbild zusammen. Inspiration gefällig? Die New Yorkerin Margot Guralnick sammelt bei ihren Spaziergängen mit ihrem Hund Enrique regelmäßig kleine Schätze in der Natur ein und formt daraus Kunstwerke. Fotos ihrer Kunst kannst du auf ihrem Instagram-Kanal anschauen.

Idee 2 – Windspiele aus Naturmaterialien

Windspiele sind ein toller Hingucker für dein Fenster. Aus Ästen, Blättern, Kastanien, Zapfen und Steinen kannst du selbst ein Mobile basteln und holst dir ein Stück Natur nach Hause. Wenn du deine Materialien gesammelt hast, fädelst du deine Fundstücke auf Draht oder Garn auf. Die fertigen Ketten knotest du dann nebeneinander an einem Ast fest – schon ist dein Natur-Mobile fertig.

Idee 3 – Steine bemalen

Schon Steine und etwas Farbe reichen aus, um Kunst zu erschaffen. Für deine Werke eignen sich am besten Steine mit glatter Oberfläche. Nachdem sie abgewaschen und getrocknet sind, kannst du sie als natürliche Leinwände benutzen. Lasse deiner Fantasie mit Acrylfarben und Pinsel freien Lauf und erschaffe individuelle Naturdeko für dein Zuhause.

Katrin Brahner
Autorin Katrin Brahner

Katrin hat in Berlin Publizistik studiert und schreibt seit drei Jahren als Redakteurin im Lifestyle-Bereich. Wenn sie nicht gerade die weite Welt bereist, übt Katrin Kopfstand auf ihrer Yogamatte, oder ist auf der Suche nach den neuesten Innovationen und Health-Trends. Deshalb schreibt sie bei kronendach für die Rubriken Travel, Mindfulness und Zeitgeist. Nach Feierabend findet man sie meistens mit einer Matcha Latte in der Hand durch die Straßen Hamburgs spazieren.

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