Ihre Leidenschaft für die Tiefen des Meeres macht sie nicht nur zur Fotografin, sondern auch Designerin: Zena Holloway lässt im Namen ihrer Initiative „Rootfull“ Kleider aus Wurzeln wachsen.
Wenn die eigene Arbeit neue Wurzeln schlägt
Ist es möglich, Objekte aus Wurzeln wachsen zu lassen? Eine Frage, die Zena Holloway durch den Kopf geht, während sie in die Tiefen des Gewässers eintaucht. Die Antwort? Ein klares Ja, wie ihre Kleider heute beweisen.
Die gelernte Berufstaucherin kommt gerade ihrer Arbeit als Unterwasserfotografin nach, als sie in einem lokalen Fluss, ein verzweigtes Wurzelwerk eines Weidenbaums entdeckt. Ihr fällt die komplexe Vernetzung der Wurzeln auf, die zu einem Konstrukt herangereift sind. Die Entdeckung ist der Anfang ihrer „Rootfull“-Kleidung.
Wurzeltextil aus dem 3D-Drucker der Natur
Die gebürtige Bahrainerin experimentiert, sucht und findet schließlich eine Lösung, um Wurzeln in kunstvolle Textilien zu verwandeln. Sie kultiviert Weizengrassamen in einer Bienenwachs-Schablone. Der Grund: Die Form lenkt die Wurzeln vertikal oder horizontal, schafft auf kleinsten Raum eine komplexe Verästelung und lässt damit die Natur wie einen 3D-Drucker arbeiten. Und auch wenn die Kraft der Pflanzen nicht ganz mit dem Tempo der Technologie mithalten kann, ist sie dennoch beeindruckend schnell: Bereits zwölf Tage reichen aus, um die von der Natur gewebte Struktur zu ernten.
Nachdem der geerntete „Stoff“ 24 Stunden getrocknet wurde, ist dieser federleicht und gleichzeitig stark genug, um sein eigenes Gewicht zu tragen. Eine Art botanisches Skelett, das nicht nur Korallen ähnelt, sondern auch wie diese Nesseltiere Kohlenstoff bindet. Doch es kann mehr: Das Wurzeltextil ist zu hundert Prozent organisch und gelangt am Ende bedenkenlos zurück in den Kreislauf der Natur. Waschen kann man die Wurzel-Kleidung nicht, doch sie lässt sich mit einem feuchten Tuch reinigen und kann ähnlich wie ein Strohhut mehrere Jahre getragen werden.
Die Ästhetik der Meereswelt als Muse
Zena durchkreuzt bereits seit Jahren das Meer, um die komplexe und unbewusste Beziehung von Mensch und der Unterwasserwelt auf Fotografien und in Filmen festzuhalten. Dafür taucht sie bis zum Grund, wo sie die dort angesiedelte Landschaft bestaunt, die sich im Rhythmus des Meeres sacht bewegt.
Die leidenschaftliche Taucherin fühlt sich von der stillen Schönheit dort unten magisch angezogen, doch diese wird getrübt: Immer wieder ist sie Zeugin davon, wie Menschen mit Plastik umgehen – eine Tatsache, die sie trifft und für die sie eine Lösung finden möchte. Aus diesem Grund beginnt Zena sich schon vor einiger Zeit mit Biodesign und Materialwissenschaft zu beschäftigen. Zunächst mit Pilzen und deren Wurzelwerk „Myzel“, bis sie schließlich auf die Weizengrassamen stößt.
Kunstvolle High-Fashion-Kleider mit Statement
Wenn man die natürlich gefärbten Kleider der Designerin sieht, lässt sich nicht ganz einordnen, ob es sich dabei um Kunst oder Mode handelt. Nicht nur für Zena ist es sicherlich eine Mischung aus beiden. Ihr Design erscheint als eine Kombination aus Hommage an die Unterwasserwelt und High Fashion. Doch um die Gestalt eines Kleides oder auch Kragens anzunehmen, muss der Wurzelstrukturteppich erstmal durch händisches Geschick und einer Nähmaschine zu tragbarer Kleidung mit bequemer Passform verarbeitet werden. „Es fühlt sich auf der Haut wie feines Leder an“, so beschreibt es Zena auf ihrer Website.
Erst Ende Mai dieses Jahres führte Zena ihre Hochzeitskleid-Kollektion auf der Londoner „Chelsea Flower Show“ vor, die jährlich von der Royal Horticultural Society veranstaltet wird. Dort stellt sie nicht nur ihre Kreativität und ihr Können unter Beweis, sondern setzt auch ein Statement, wie weit Slow Fashion gehen kann: „Wenn sie zum Beispiel am Meer heiraten würden, könnte sie das Kleid nachhaltig entsorgen und ins Wasser gehen, und alle Fische würden es einfach fressen, und es würde einfach Teil des Ozeans werden.“
Judith liebt das Leben mitten in der Metropole Köln. Ihr Gespür für spannende Storys führt sie regelmäßig zu außergewöhnlichen Themen mit aktuellem Zeitgeist. Schon seit ihrer Kindheit folgt sie ihrer Passion, dem Schreiben; seit zwei Jahren nun auch als Redakteurin. Besonders begeistern sie die Themen Psychologie, DIY und Yoga. Bereiche, über die sie als Online-Redakteurin schreibt und die sie gerne ihrer Freizeit ausübt. Ein Gespür für ästhetische Einrichtung besitzt sie bereits seit ihrem Studium im Bereich Design. Seither entdeckt sie immer wieder neue Design-Innovationen und einzigartige Architekturen, über die sie auf kronendach berichtet.