Die Möbelindustrie wandelt sich – „back to nature“ lautet das Motto. Nicht nur organische Formen liegen dabei im Trend, sondern auch im Sinne von Fridays for Future organisches Material als Teil der Kreislaufwirtschaft.
Massivholzmöbel sind ein Paradebeispiel für organisches Design – jedenfalls was den Werkstoff betrifft. Doch bei einem organischen Material muss es sich nicht gleich um Holz handeln. Besonders in Hinblick auf Ressourcenknappheit und Kreislaufwirtschaft kommen neue Rohstoffe wie Kork oder Pilz ins Spiel. Darüber hinaus gibt es eine 3D-gedruckte Lampe aus Orangenschalen und handgefertigte Algen-Stühle sowie -Leuchter.
Ohmie, die Lampe mit Orangenhaut
Sie erinnert mit ihrer Farbe und Textur nicht nur an die Schale einer Orange, sondern ist auch daraus gefertigt: Die kreative Agentur Krill Design hat eine Lampe aus Orangenschalen gedruckt; ihr Name: „Ohmie“. Mit Sitz in Italien baut die Brand auf eine kreislauforientierte Zukunft, in dem sie auf organische Ressourcen setzt, die nach der Nutzung des Produkts wieder eins mit der Natur werden.
Schon zu Beginn unterstützt Krill Design den Gedanken der Kreislaufwirtschaft in der Designwelt, doch zu der Zeit entwickeln sie selbst noch keine Produkte. Erst später starten sie eine Kickstarter-Kampagne für die „world’s first lamp from orange peels“. Erfolgreich, wie sich bereits vor Ablauf der Crowdfunding-Kampagne zeigt. Die vollständig kompostierbare Leuchte aus dem patentierten Biomaterial „Rekrill Orange ®“ geht in Produktion.
Materialkreislauf neu gedacht, in 3D-Druck gemacht
Die Schalen von zwei bis drei Orangen sind die Grundzutat für die Lampe. Um die Orangenhaut als organisches Material nutzen zu können, wird sie vollständig getrocknet und zu einem äußerst feinen Pulver zermahlen. Gemischt wird das Pulver mit einem Biopolymer, bei dem es sich vermutlich um PLA (Polymilchsäure) handelt. Dieses wird durch fermentierte Pflanzenstärke gewonnen und ist wegen seines geringen Preises im 3D-Druck generell beliebt. Zu Pellets verarbeitet, kann daraus ein Faden für den Druck hergestellt werden.
Auch wenn die Lampe zu hundert Prozent biologisch abbaubar ist, kann sie nicht einfach von der Natur zersetzt werden. Durch die Biopolymerbeschichtung, die ausschlaggebend für die Haltbarkeit ist, muss sie an eine Kompostieranlage geschickt werden.
Mit Ohmie und anderen Produkten aus der „Rekrill Orange ®“-Familie zeigt die mailänder Agentur, wie Produktdesign neu gedacht werden kann, indem sie Abfälle als Ressource nutzt. Und vielleicht inspirieren sie mit der Idee andere Designer:innen, die sich ebenfalls dem Kreislaufmodell annehmen und aus Lebensmittelverschwendung eine Bereicherung machen wollen.
Algen, das nachwachsende Plastik des Ozeans
Nicht nur Orangen können ein natürlicher Ersatz für Plastik sein, sondern auch Algen. Das Gras des Meeres ist ein echtes Multitalent und hält nicht nur als Fischersatz, sondern auch als Kunststoffalternative her.
Die dänischen Produktdesigner Jonas Edvard und Nikolaj Steenfatt haben sich Algen als Material angenommen und ihnen eine Form gegeben. Eigens gesammelt an heimischen Stränden vor der Küste von Kopenhagen kreieren sie seit ein paar Jahren Möbel aus Algen. Bei ihrer Kollektion „Terroir“ handelt es sich dabei um Stühle und Lampen. Auf den ersten Blick scheinen die Möbel des Designer-Duos aus Kork gefertigt zu sein. Doch die Oberfläche ist etwas unebener, ebenso wie die Form.
Wenn Mensch und Natur Hand in Hand arbeiten
In der Werkstatt ordnen die Pioniere in Sachen Algen-Möbel den Seetang nach ihrer Farbe und hängen ihn dann zum Trocknen auf. Das ausgedörrte Seegras wird nun zu Pulver und danach mit Wasser und Pappmaché zu einer homogenen und kompostierfähigen Masse verarbeitet. Dabei gilt: je feiner das Pulver, desto stabiler das Produkt. Anschließend muss die Masse nur noch in Form gebracht und im Ofen in dieser verewigt werden. Während die Lampe nach diesem Herstellungsverfahren ihr finales Design erreicht hat, müssen für den Stuhl weitere Lagen gefertigt werden, damit dieser am Ende stabil genug ist.
Warum sich die Designer:innen für Algen entschieden haben? Zum einen aus nachhaltigen Gründen: Denn Seetang eignet sich besonders gut für den Anbau, da sie weder Süßwasser noch Ackerland oder andere Ressourcen benötigt, die immer knapper werden. So existieren immer mehr Seetang-Farmen, die beim Heranwachsen auch noch CO2 verstoffwechseln und damit das maritime Ökosystem erhalten.
Zum anderen besitzen Algen eine Eigenschaft, die sie für die Fertigung von Möbel interessant machen. In dem Seegras ist meist Alginat, auch bekannt als Alginsäure, enthalten. Diese wird in den Zellwänden der Alge gebildet und sorgt dafür, dass sie sowohl elastisch als auch stabil ist. Nebenbei trägt das enthaltene Salz in der Meerespflanze zur Haltbarkeit der Möbel bei, denn es wirkt konservierend und ist zudem flammenhemmend.