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Psychologie

Fika – das schwedische Achtsamkeitsritual

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Mit Kaffee und Zimtschnecken zu mehr Achtsamkeit im Alltag? Die schwedische Fika zeigt, wie das gelingt.

Fika – Schweden und ihre besondere Kaffeepause

Mit Schwung gießt Adrian die warme Hafermilch aus einem Silberkännchen über den Kaffee aus der French Press. So lange, bis sich der Milchschaum in Form eines zerlaufenden Herzens auf dem Cappuccino verteilt. Zufrieden hält er den Kaffeebecher in der Hand und schnappt sich schnell den Teller mit einer frischen Zimtschnecke vom Tresen. Dann geht er vorsichtig los, balanciert den Kaffee und die Zimtschnecke vorbei an den voll besetzten Tischen seines eigenen Cafés bis zu einem Platz direkt am Fenster. Dort, am Tisch neben dem Kaminofen sitzt eine Gruppe von Kolleg:innen und Freund:innen. Jeden Tag treffen sie sich nachmittags im „Atrium“, einem kleinen Bio-Café im Herzen der schwedischen Burgstadt Malmö. In der Laube, zwischen Indoor-Bäumchen und Kletterpflanzen zelebrieren sie eine Tradition aus Schweden: die Fika.

Gemeinsam diskutieren sie, lachen und genießen ihren nachhaltig gerösteten Kaffee, eine Rote-Beete-Latte oder das vegane Gebäck des Cafés. Denn Fika ist eine traditionelle, schwedische Kaffeepause. Eine Pause, die weit mehr ist als ein flüchtiger Espresso an einer italienischen Kaffeebar oder der müßige Gang zum deutschen Bäcker für einen Coffee-to-go. Die Fika ist ein Achtsamkeitsritual – also eine bewusste Kaffeepause für die Seele.

Fika – warum ist die Kaffeepause in Schweden Tradition?

Das Wort Fika stammt von „Ka-fi“ ab, dem alten schwedischen Begriff für Kaffee. Zweimal am Tag, morgens von neun bis zehn und nachmittags ab 15 Uhr, nehmen sich die Schwed:innen Zeit, für ihre Tradition der bewussten Kaffeepause. Die ist dann etwa 15 bis 30 Minuten lang. Also gerade so viel Zeit, um sich in einem Café, auf der Arbeit oder zu Hause von alltäglichen Energiefressern wie Arbeit, Haushalt oder generell dem Alltagsstress zu erholen. Bewusste Quality time, deren Ursprünge laut der deutsch-schwedischen Handelskammer bis ins 19. Jahrhundert zurückgehen. Damals brachten großzügige schwedische Arbeitgeber:innen ihren Wäscher:innen und Erntehelfer:innen Kaffee und Gebäck zur Stärkung an deren Arbeitsstelle. Eine Geste, die zur Tradition wurde. Die Fika-Pause etablierte sich in der schwedischen Esskultur und gilt inzwischen als soziale Institution in Schweden.

Fika mit Freunden in Schweden.
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Zur traditionellen Fika gehört ein Kaffee mit Kolleg:innen, der Familie oder Freund:innen.

Zu einer Fika gehört in Schweden eine Zimtschnecke oder ein anderes Gebäck.
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Zu Fika gibt es in Schweden traditionell ein Gebäck wie eine leckere Zimtschnecke.

Fika in Schweden – die kleine Pause während der Arbeit

Gemeint ist damit ein soziales Miteinander, das nicht nur im privaten Rahmen mit Familie und Freund:innen stattfindet. In Schweden ist Fika auch ein wichtiger Bestandteil im Arbeitsalltag. Anders als in Deutschland, wo der Kaffee schnell aus der Küche geholt und nebenbei am Arbeitsplatz getrunken wird, kommt es bei der Fika auf die gemeinschaftliche Auszeit auf der Arbeit an – eine schwedische Kultur, die sogar durch Lohnvereinbarungen von schwedischen Gewerkschaften vertraglich festgelegt ist. Etwa 20 Minuten Pause am Morgen und Nachmittag dürfen sich die jeweiligen Teams und Chef:innen mit einer guten Tasse Kaffee, Tee und leckerem Gebäck zusammen gönnen. Für die Arbeitnehmer:innen ist das eine willkommene Unterbrechung. Besonders, weil die Schweden während der Pause Arbeitsthemen und bestehende Hierarchien ausklammern. Alle befinden sich auf Augenhöhe. Denn bei der Kaffeepause zählt vor allem der soziale Aspekt. Die Idee: Alle sollen miteinander in den Austausch gehen, sich bewusst Zeit nehmen, in Ruhe einen Kaffee trinken und sich über private Dinge wie Urlaube, Familienfeiern oder gesellschaftliche Themen unterhalten.

Fika – Schweden-Kaffee für mehr Achtsamkeit im Leben

Fika fördert die Kreativität und Produktivität der Schwed:innen. Denn Mindfulness gehört bei ihnen zur Kultur und ist fast wie selbstverständlich im schwedischen Alltag verankert. Die bewussten Pausen am Tag nutzen die Schwed:innen, um Stress zu reduzieren. Den Körper zu entspannen, neue Energie aufzunehmen und die Seele zu streicheln. Die soziale Kommunikation, nicht nur auf der Arbeit, sondern auch im Familien- und Freundeskreis, stimuliert die individuellen Glücksgefühle und sorgt für inspirierenden Input. Und was eignet währenddessen besser zur Stärkung als ein leckerer Kaffee? Die Menschen in Schweden gehen sorgsam miteinander um und erhalten damit ihre mentale und körperliche Gesundheit. Eine schwedische Tradition, die auch als Achtsamkeitsritual für Selbstliebe verwendet wird. Fika muss nicht jeden Tag in einer Gruppe oder zu zweit stattfinden. Auch allein lässt sich der Alltagsstress mit bewussten Kaffee- oder Teepausen abschütteln.

Fika in Schweden während der Arbeitszeit.
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Eine Fika als Achtsamkeitsritual ist auch alleine möglich.

Fika wie in Schweden – so gelingt die skandinavische Achtsamkeit

Fika-Tipp 1 – Eine kleine Kaffeepause für mehr Produktivität auf der Arbeit

Termine, Fristen und lange To-do-Listen sorgen häufig für Stress am Arbeitsplatz und im Homeoffice. Für kleine Pausen bleibt da selten Zeit. Dabei sind gerade die für eine gesunde Work-Life-Balance wichtig. Um Stress zu reduzieren und den Körper zu entspannen, kann eine kleine Fika im stressigen Alltag dazu beitragen, bedachter mit dem eigenen Wohlbefinden umzugehen. Dafür reicht es aus, wenn du dir zwei-dreimal am Tag eine Zehn-minütige Auszeit vom Arbeitsstress gönnst. Atme tief durch, verlasse kurz deinen Arbeitsplatz und trinke alleine oder mit Kolleg:innen ganz in Ruhe eine Tasse Kaffee oder ein anderes warmes Getränk. Beschäftige dich bewusst mit Themen, fernab der Arbeit.

Fika-Tipp 2 – Kaffee bewusst trinken und zubereiten wie in Schweden

Wusstest du, dass die Schweden häufig Kaffee aus der French Press trinken? Ob privat oder in schwedischen Cafés, der Kaffee daraus hat Tradition. So wie Fika. Um mehr Achtsamkeit in deinen Alltag zu bringen, kannst du dein Heißgetränk wie ein:e schwedische:r Barista zubereiten – also den Kaffee wie die Schwed:innen slow in der French Press zu brühen. Das gelingt mit einer kleinen Pause am Tag, entweder morgens oder nachmittags, zu Hause bei dir. Schon der Geruch von Kaffee soll auf die Psyche wirken und wie eine Aromatherapie Stress lösen. Für eine Fika kannst du dir Freund:innen einladen, dich beim Kaffeetrinken mit Familienmitgliedern austauschen oder dir bewusst Zeit für dich selbst und deine Gedanken verschaffen.

Fika-Tipp 3 – Fika entspannt wie in Stockholm genießen

Die Schwed:innen gelten als eins der glücklichsten und zufriedensten Völker der Welt. Sie haben eine gelassene Lebenseinstellung, nicht nur in den kleineren Städten, sondern auch in Stockholm. Schwedens Hauptstadt ist bekannt für ihre Innovationen, Start-ups und kulinarischen Hotspots. Nur ist dort alles viel entspannter als zum Beispiel in Berlin. So gönnen sich die Städter:innen trotz ihres urbanen Lifestyles Zeit für eine traditionelle Fika. Dafür suchen sie sich häufig einen persönlichen Happy Place in der Großstadt. Das kann ein besonders gemütliches Café, eine Grünfläche in der Innenstadt oder das Ufer des Stockholmer

Mit der schwedischen Kaffeepause mehr aus dem Tag machen

Zwei ausgedehnte Kaffeepausen mit Freund:innen und Arbeitskolleg:innen am Tag klingt für manche vielleicht erst einmal nach viel Auszeit. Tatsächlich gewinnen die Schwed:innen aber Zeit dank ihrer Fika-Pausen. Denn zum Einen wirken Pausen der Müdigkeit entgegen, die sich über den (Arbeits)tag immer mehr steigert – auch bei sitzenden Tätigkeiten. Wer einmal kurz raus geht, frische Luft schnappt und sich Zeit für sich nimmt, kann die Energiereserven wieder auffüllen und danach mit neuer Power weitermachen. Außerdem neigt man dazu, insgesamt länger zu arbeiten, wenn man Pausen einfach ausfallen lässt – der Gedanke, keine Pause zu machen und dafür früher nach Hause zu gehen, geht meistens nicht auf. Zudem hilft es beim Denken, eine zeitlang die Gedanken schweifen zu lassen und sich gedanklich nichts Konkretem zu widmen. Denn dann lassen wir Erinnerungen und abgespeichertes Wissen zu, was bei den bevorstehenden Aufgaben vielleicht hilfreich sein könnte. Und selbst wer keine bewusste Pausen macht, legt stattdessen oft maskierte, unbewusste Pausen ein. Das kann zum Beispiel ein Blick auf’s Handy sein, eine ausgedehnte Tour durch die sozialen Medien oder Gedanken, die ganz woanders sind. Pausen wie die Fika in Schweden helfen also dabei, den Fokus zu bewahren und gut gelaunt durch den Tag zu kommen. In dem Sinne: Schöne Kaffeepause!

Jennifer Felmet
Autorin Jennifer Felmet

Kopenhagen, Paris, London – das pulsierende Leben in Städten lässt Jennis Herz höherschlagen. Immer auf der Suche nach den neuesten Fashion-Trends, faszinierenden Designs und coolen Food-Spots, lässt sie sich gern vom urbanen Lifestyle inspirieren, um darüber zu schreiben. Ihr morgendlicher Kaffee mit Hafermilch gehört zu ihren täglichen Ritualen, genauso wie ein Spaziergang an der Elbe in Hamburg.

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