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Gesellschaft

Drohnen als Lieferservice der Zukunft?

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In den letzten Jahren hat sich jede Menge getan in Sachen innovativer Lieferservices. Neben dem Einsatz von E-Autos und Essenslieferungen per Fahrrad kommen mittlerweile auch Drohnen zum Einsatz. Welche Rolle sie in der Gesellschaft einnehmen? Ein Überblick.

Drohnen in Deutschland – ein Start-up liefert ab

Drohnen als Waren-Lieferanten? Das ist bereits in einigen Teilen der Welt Realität – bald auch in Deutschland? Während in den USA Amazon und Walmart Pakete mit Lebensmitteln und anderen Waren schon per Drohne liefern, wartet das 2017 gegründete südhessische Start-up Wingcopter noch auf die Dauer-Fluggenehmigung für ihr neues Projekt. Zusammen mit der Frankfurt University of Applied Sciences wollen sie die Fähigkeit und Effizienz von Lieferdiensten für den ländlichen Raum im hessischen Odenthal testen. Ziel ist es, mithilfe des On-Demand-Transports von Lebensmitteln und anderen Konsumgütern die Nahversorgung auf dem Land zu verbessern. Dafür möchten sie mit regionalen Einzelhändlern zusammenarbeiten.

Erst kürzlich hat sich Wingcopter 40 Millionen Euro gesichert, der Investor: die Europäische Investitionsbank (EIB). Eine wichtige Finanzspritze für die Logistik und die Produktion des hessischen Unternehmens, denn so können sie größere Mengen an Drohnen herstellen und damit die Kosten pro Drohne senken – umgekehrt werden die Erträge gesteigert.

Drohnen revolutionieren medizinische Grundversorgung

Die Idee zu Wingcopter hat Jonathan Hesselbarth, der nach ein paar Drohnen-Entwürfen auf den späteren Mitgründer und Chef Tom Plümmer trifft. Die Geschichte, die Tom Jonathan erzählt, ist traurig und ein Weckruf zugleich: In seinem Freiwilligenjahr in Ghana starb im Nachbarhaus seiner Gastfamilie ein Baby. Tom ist der Meinung, dass das Kind mit schneller eintreffender, medizinischer Hilfe hätte gerettet werden können. Die beiden tun sich zusammen und wenden sich an verschiedene Hilfsorganisationen, um die Wingcopter-Technologie für humanitäre Projekte zur Verfügung zu stellen.

Gemeinsam mit DHL, der Deutschen Gesellschaft für Internationale Zusammenarbeit (GIZ) und dem Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (BMZ) startet Wingcopter in Ostafrika mit Drohnenflügen – im Gepäck medizinische Versorgung. Bis heute werden die Drohnen von Wingcopter im ostafrikanischen Malawi für die Lieferung von lebensrettenden Medikamenten und anderen medizinischen Gütern in ländlichen Gebieten eingesetzt.

Damit ist Wingcopter nicht allein. Das Unternehmen Zipline macht bereits seit sieben Jahren die medizinische Grundversorgung in abgelegenen Regionen und Klinken in Ostafrika möglich – ebenfalls via Drohne. Damit zeigen die Jungunternehmer, dass Drohnen die Welt verändern können: schnelle Lieferung, unabhängig von Infrastruktur und Verkehr – was über Leben und Tod entscheiden kann. Die Erfahrungen der Pandemie zeigen die Dringlichkeit des Themas einmal mehr.

On-Demand-Essenslieferservice

Doch sind Drohnen darüber hinaus sinnvoll, zum Beispiel als Ersatz für Essenlieferung? Auch dieses Thema hat während Covid an Relevanz gewonnen. Lieferservices wie Guerilla und Flink sind in dieser Zeit nicht nur gegründet, sondern auch erfolgreich geworden. Wer in der Stadt lebt, kennt die Fahrradkuriere, die fleißig Lebensmittel von Tür zu Tür liefern.

In den USA macht der einflussreiche Einzelhandelskonzern Walmart den nächsten Schritt und verschickt Pakete mit Lebensmitteln und anderen Waren via Drohne bis zur Haustür seiner Kund:innen – und auch hier hat Zipline seine Propeller im Spiel. Bisher ist die Drohnen-Lieferung in ausgewählten Märkten Texas, Arizonas und Floridas verfügbar. Innerhalb von 30 Minuten soll die gewünschte Ware per Drohne zugestellt werden, Kosten dafür 3,99 Dollar. Die einzige Bedingung: Das Paket darf maximal zehn Pfund wiegen.

Auch das Berliner Start-up Foodora möchte sein Essen mit unbemannter Luftpost bringen. In Kooperation mit dem Fast-Food-Giganten McDonald’s beginnen sie letzten Sommer damit in Schweden, besser gesagt in der Küstenstadt Gustavsberg bei Stockholm. Begleitet wird das Pilotprojekt vom niederländischen Unternehmen AirHub, und das soll erst der Anfang sein. So passend „Fast-Food“ hier im wörtlichen Sinne auch sein mag, Foodora möchte sich mit dieser Art von Lieferung kulinarisch noch breiter aufstellen.

Was in Schweden noch Neuland ist, gehört in der isländischen Hauptstadt Reykjavík bereits seit 2018 zum Leben der Menschen dazu. Via App lassen sich Pizza und Co. bestellen, welches dann von einer Drohne geliefert wird – allerdings auch nur mit der Genehmigung der Nachbar:innen. Was sich bei uns oftmals noch negativ auf die Logistik auswirkt, rentiert sich dort. Die Straßen in Island führen an Fjorden vorbei, sodass sich der Weg vom Restaurant bis zur Haustür der Kund:innen ganz schön ziehen kann.

Drohnen als Lieferservice: Walmart-Drohne lädt Paket mittels Schnur ab
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Bei Walmart ein Paket bestellen? Die Drohne liefert es mittels Seil bis in den Vorgarten.

Luftmobilität der Zukunft: Können sich Drohnen als Lieferservice etablieren?

Dass Drohnen als Lieferdienst herhalten, ist Amazon bereits seit 2013 klar. Seitdem arbeiten sie an der Optimierung der Fluggeräte und den damit einhergehenden Zulassungen.

Nicht nur Genehmigungen werden zur Herausforderung, auch andere Faktoren machen es Unternehmen mit Luftpost-Absicht schwer – wie zum Beispiel die Nutzlast. Eine Drohne ist beschränkt in ihrem Transportvolumen, was wiederum die Reichweite und Sicherheit beeinflusst. Aus diesem Grund arbeiten Hersteller:innen nicht nur an der Hebefähigkeit, sondern auch an stärkeren Batterien und alternativen Antrieben wie Wasserstoff. So entwickelt zum Beispiel Wingcopter gemeinsam mit dem Hamburger Zentrum für Angewandte Luftfahrtforschung (ZAL) ein Antriebssystem auf Basis von grünem Wasserstoff für seine batteriebetriebenen Drohnen. Damit sollen sie künftig noch größere Distanzen zurücklegen können. Derzeit haben ihre bis zu 100 Stundenkilometer schnellen Fluggeräte eine Reichweite rund 100 Kilometern, transportieren können sie eine Nutzlast um die fünf Kilogramm. Besser als der Standard anderer Drohnen-Lieferservices, der in Bezug auf Effizienz und Alltagstauglichkeit künftig noch effektiver werden muss.

Neben einem starken Motor zählt bei Drohnen auch ihre autonome Flugfähigkeit. So groß der Luftraum auch erscheinen mag, auch dort gibt es für die Drohne jede Menge Hindernisse. Flugzeugen kann durch Planung und Genehmigungen entgangen werden, doch was ist mit Vögeln, Insekten, Bäumen und Häusern? Fortschrittliche Navigations- und Hindernisvermeidungssysteme sollen Kollisionen jeglicher Art vermeiden. Insekten werden dabei wohl außen vor bleiben und auch für Vögel bleiben Drohnen weiterhin eine Irritation.

Nur ein paar Aspekte, denn auch Wetter und Datenschutz können den Weg des kleinen Copters kreuzen. Liefern mit Drohnen ist noch in den Anfängen – jedenfalls was die Einführung in die Gesellschaft betrifft. Sicherlich wird es noch ein paar Jahre dauern, bis sie sich als Lieferservice etabliert haben – denkbar wäre es allemal insbesondere in Hinblick auf Nachhaltigkeit. Mit einer auf die Drohnen ausgerichteten Infrastruktur in der Luft können sie eine der sichersten Optionen für die Auslieferung verschiedener Konsumgüter sein. Neben der Tatsache, dass die CO2-Emissionen stark reduziert werden, verursachen die Luftlieferanten auch wesentlich weniger Lärm.

Doch auch schon jetzt kann der Einsatz von Drohnen die Welt verbessern – Start-ups wie Zipline und Wingcopter haben gezeigt, welchen Beitrag sie für die Gesellschaft leisten können: vor allem eine schnelle medizinische Hilfe und Grundversorgung in abgelegenen Orten und Krisengebieten.

Judith Püschner
Autorin Judith Püschner

Judith liebt das Leben mitten in der Metropole Köln. Ihr Gespür für spannende Storys führt sie regelmäßig zu außergewöhnlichen Themen mit aktuellem Zeitgeist. Schon seit ihrer Kindheit folgt sie ihrer Passion, dem Schreiben; seit zwei Jahren nun auch als Redakteurin. Besonders begeistern sie die Themen Psychologie, DIY und Yoga. Bereiche, über die sie als Online-Redakteurin schreibt und die sie gerne ihrer Freizeit ausübt. Ein Gespür für ästhetische Einrichtung besitzt sie bereits seit ihrem Studium im Bereich Design. Seither entdeckt sie immer wieder neue Design-Innovationen und einzigartige Architekturen, über die sie auf kronendach berichtet. 

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