Reisen und/oder Gutes tun? Das funktioniert mit Freiwilligenarbeit und Volunteering. Wie sich beide voneinander unterscheiden und was Voluntourismus mit Slow Travel zu tun hat.
Wie ein Weltenbummler angehende Volunteers inspiriert
Zum ersten Mal allein unterwegs ist Robert Bichler mit elf Jahren – und das direkt für zwei Monate bei seiner Gastfamilie in einem Vorort Detroits. Von da an reizt es ihn immer öfter, die Welt zu entdecken: kürzere Trips während der Schulzeit, Forschungsreisen nach dem Studium, zwei Jahre China – nur ein Ausschnitt von Bichlers weitreichenden Erkundungen anderer Länder und Kulturen. Doch es sind nicht allein die neuen Erfahrungen, die ihn einnehmen und begeistern. Der Kommunikationswissenschaftler ist angetan vom sozialen Austausch, Wissenstransfer und von der internationalen Solidarität – alles Dinge, denen er bis heute nachkommt.
So arbeitet er in der österreichischen Entwicklungszusammenarbeit und koordiniert dafür Hilfsprojekte weltweit. Zusätzlich betreibt er Deeper Travel, „eine Plattform für Reisende, die gerne einen Blick hinter die Kulissen werfen und andere Kulturen nicht nur besuchen, sondern erleben möchten“, wie es auf der Website heißt. Dort informiert er angehende Volunteers über nachhaltige Hilfsarbeit im Ausland, bietet Workshops und Coachings zur Planung und Umsetzung von Freiwilligenarbeit an. Vom klassischen Voluntourismus, also einer Reise mit geringem Anteil an Freiwilligenarbeit, rät Bichler eher ab. Vielmehr versteht er Voluntourismus, das oft als Synonym für Freiwilligenarbeit gebraucht wird, als Bestandteil des langsamen Reisens. Es geht darum, dass sich Reisende intensiv mit dem Leben der Menschen vor Ort auseinandersetzen.
Fünf Tipps für die Planung
1. Such dir selbst ein Projekt, das du unterstützen willst
Bichler rät, sich selbst um die Projekte zu kümmern, statt sie über kommerzielle Voluntourismus Agenturen als geplante Reise zu buchen. Dazu empfiehlt er etwa, erste Kontakte über eine Städtepartnerschaft oder einen entwicklungspolitischen Verein zu knüpfen.
2. Wende dich vor Ort direkt an Hilfsorganisationen
Tipps gibts etwa bei den Tourismusbüros oder im Gespräch mit den Locals.
3. Auf Reisen musst du trotz längerem Freiwilligendienst nicht verzichten
So könntest du beispielsweise eine längere Reise zu Beginn oder am Ende deines Aufenthaltes planen oder freie Tage nutzen, um die Umgebung zu erkunden.
4. Freiwilligendienst oder Voluntourismus?
Das Wort Voluntourismus setzt sich aus dem englischen Wort Volunteering, also Freiwilligendienst und Tourismus zusammen. Solche Urlaubs-Reisen sind in der Regel eher von kurzer Dauer. Der grundlegende Unterschied ist, dass beim Freiwilligendienst das Hilfs-Engagement an erster Stelle steht.
Wählst du Voluntourismus, solltest du dich für Projekte rund um Tier- und Umweltschutz beteiligen: Wälder aufforsten, Häuser bauen oder Korallenriffe restaurieren – sofern das die eigenen Qualifikationen zulassen. Solche Einsätze lassen auch eine etwas kürzere Aufenthaltsdauer zu, sodass genug Zeit fürs Reisen bleibt.
Freiwilligendienste dauern zwischen sechs Monaten bis hin zu mehreren Jahren – und drehen sich hauptsächlich um Arbeit mit anderen Menschen, etwa in einem Waisenhaus, einer Schule oder in einem Altenheim. Dabei steht im Fokus, Beziehungen zu Menschen aufzubauen, die langfristiger sind.
5. Volunteering mit einer Agentur: Darauf solltest du achten
Entscheidest du dich bei der Planung für den Weg über eine Agentur, solltest du genauer hinschauen – gerade, was die Transparenz über die Kosten angeht. So sei es beispielsweise auffällig, wenn nur ein geringer Teil des Geldes an die Hilfsorganisationen vor Ort ginge. Auch wenn sich eine Agentur weigert, die Kosten transparent offenzulegen, rät Bichler dazu, sich eine Alternative zu suchen. Ebenso auffällig ist es, wenn die Agentur gerade für die Arbeit mit Menschen kein polizeiliches Führungszeugnis verlangt oder die Qualifikationen des angehenden Volunteers bei der Projektauswahl unberücksichtigt bleiben. Damit klassisches Volunteering wirklich sozial und nachhaltig ist, solltest du auch bei dem Projekt selbst genauer hinsehen. Denn oft sind vor Ort bereits genug Fach- und Arbeitskräfte vorhanden. Hilfskräfte aus dem Ausland nehmen Einheimischen dann unwissentlich den dringend benötigten Arbeitsplatz weg oder stellen eine unnötige Belastung dar. Deshalb ist es sinnvoll, sich vorab selbst über die Situation und den Bedarf an Hilfskräften zu informieren.
Storytelling ist der rote Faden in seinem Leben. Stefan liebt Geschichten – und sie zu erzählen, oder besser: sie zu erleben, sie zu schreiben und damit für andere erlebbar zu machen. Geschichten hinter Menschen, Innovationen, Technik oder Architektur.