FOTO Urban Reef

Innovation

Für mehr Biodiversität in der Stadt: Von Urban Reefs bis Weltraumdaten

FOTO Urban Reef

Biodiversität ist überlebenswichtig für uns Menschen, auch im städtischen Raum. Doch gerade hier wird der Natur mehr und mehr der Platz genommen. Verschiedene Start-Ups arbeiten bereits an Lösungen – und auch jede:r einzelne kann die ökologische Vielfalt in Städten schützen.

Urban Reef: Kunstvolle Skulpturen für mehr Biodiversität in Städten

Pflanzen, die sich ihren Weg durch Beton bahnen, leerstehende Häuser, die langsam immer grüner werden, die Natur, die sich ihren Platz zurückerobert: Das beobachtete der niederländische Designer Pierre Oskam, als er vor einigen Jahren in Porto seine Doktorarbeit schrieb. „In und um Porto standen viele Gebäude leer. Die Pflanzen, die ich dort sah, haben sich ihren Platz zurückerobert“, erinnert sich der 31-jährige in einem Interview. Er war fasziniert von dem Prozess, den er da beobachtete. So fasziniert, dass eine Vision in ihm zu reifen begann: Von grünen Städten, die Platz für die Natur bieten, Lebensraum schaffen, dort wo sich Betonwüsten breitgemacht haben – aber wie kann das funktionieren? Eine Begegnung mit dem Computerdesigner Max Latour lieferte einige Zeit später mögliche Antworten. Im Mai 2021 gründeten die beiden daraufhin ihr Start-Up Urban Reef und setzen sich seither für mehr Biodiversität in Städten ein.

Biodiversität: Urbane Riffe des Strt-Ups Urban Reef.
FOTO Urban Reef

Mit diesen Skulpturen wollen Max und Pierre die biologische Vielfalt in Städten fördern.

Urban Reef – ein kreativer Ansatz für mehr biologische Vielfalt in Städten

Pierre und Max tüfteln deshalb in ihrem Labor in Rotterdam an einer Lösung: Sie entwickeln urbane Riffe – futuristische Skulpturen aus dem 3D-Drucker, kleine Ökosysteme, die die Artenvielfalt zurück in die Städte bringen sollen. Mithilfe von Computerprogrammen und Algorithmen entwerfen sie diese der Natur nachgeahmten Lebensräume, die in die gebaute Umwelt integriert werden können. Tunnel, Nischen und kleine Labyrinthe schaffen unterschiedliche Mikroklimata und bieten Platz für viele verschiedene Pflanzen und Organismen. Die Riffe drucken sie Schicht für Schicht mit 3D-Druckern aus einer Mischung aus Ton, Muscheln, Pilzfäden, Samen, Kaffe und Baggerschlamm aus. An der Materialzusammensetzung für ihre Riffe forschen die beiden stetig weiter, um optimale Ergebnisse zu erzielen.

Momentan gibt es zwei Prototypen: Das Zoo Reef und das Rain Reef. Das Zoo Reef kann an Häuserwänden, in Parks oder am Straßenrand platziert werden. Mit der Zeit werden sich daran Mikroorganismen ansiedeln und kleine Pflänzchen aus den Samen wachsen, bis daraus eine grüne Oase mitten in der Stadt entsteht. Die wachsende Artenvielfalt in diesem neu geschaffenen Lebensraum können Pierre und Max über Sensoren und eine App verfolgen. Das Rain Reef ähnelt vom Aussehen her dem Zoo Reef, kann aber an eine Regenrinne angeschlossen werden. Dort saugt es das Wasser auf und gibt die Feuchtigkeit an die ansiedelnden Pflanzen ab.

Urban Reef – große Visionen für die Biodiversität der Zukunft

Für den privaten Gebrauch stehen die ökologischen Skulpturen noch nicht zum Verkauf. Prototypen der Urban Reefs sind aber schon in einigen Stadtgärten und Ausstellungen, zum Beispiel auf der Floriade in Almere oder im Rotterdamer Zoo Blijdorp zu sehen.

„Wir träumen von einer Zukunft, in der die Städte vor vielfältigen Lebensformen nur so strotzen und die natürlichen Gegebenheiten mühelos in ihre Architektur und Infrastruktur einfließen lassen“, sagen Max und Pierre. „Unser Hauptziel ist es, einen weltweiten Wandel hin zu einer Stadtgestaltung anzustoßen, bei der jede größere Stadt mindestens 1000 Riffe als Teil ihrer ökologischen Strategie einbezieht und um diese Riffe herum eine fürsorgliche Gemeinschaft aufbaut.“ Also forschen die beiden weiter – mit dem Ziel, eine biodiverse Zukunft zu erschaffen, in der Menschen, Tiere und Pflanzen gemeinsam koexistieren können.

Biodiversität: Aus einem urban reef wachsen kleine Pflänzchen.
FOTO Urban Reef

Mit der Zeit sprießen aus den Riffen kleine Pflänzchen.

Biodiversität: Urbane Riffe in einer Stadt.
FOTO Urban Reef

Diese Fotomontage zeigt, wie die Urban Reefs Städte in Zukunft grüner machen könnten.

Auch diese Start-Ups setzen sich für mehr Biodiversität in Städten ein

Neben Pierre und Max arbeiten Menschen auf der ganzen Welt an Lösungen, um die Biodiversität in Städten zu fördern und den Naturschutz zu unterstützen. Unter anderem setzen sich auch diese Projekte und Start-Ups für die städtische biologische Vielfalt ein.

Biodiverse Cities – Biodiversität in der Nordseeregion

Die von der europäischen Union geförderte Initiative InterregNorthSea hat das Projekt „BiodiverseCities“ im September 2022 ins Leben gerufen. Im Rahmen dieses Projekts sollen fünf Pilotstädte im Nordseegebiet bei Maßnahmen unterstützt werden, die die biologische Vielfalt fördern. In Bremen zum Beispiel, einer der beteiligten Pilotstädte, soll der Bürgermeister-Ehlers-Platz in eine Grünfläche umgewandelt werden. Im dänischen Aarhus soll ein rund 180 Hektar großes Naturgebiet rund um den künstlichen See Egå Engsø entstehen. Das Projekt läuft noch bis September 2026.

OptimalCities – Biodiversität dank optimaler Stadtplanung

Ökologische Städte dank optimaler Analyse und Planung – dabei will das 2022 gegründete Start-Up OptimalCities unterstützen. Das Start-Up arbeitet zusammen mit der Europäischen Weltraumorganisation ESA und bietet Stadtplaner:innen dank Satellitentechnologien detaillierte Daten rund um die jeweilige Stadt. Zum Beispiel, wie viel Grün in der Stadt wächst, wo der Boden eher karg ist, wo eher feucht, wo in Gewässern sich Algen ausbreiten, wie gut Grünflächen oder öffentliche Verkehrsmittel erreichbar sind. So können Stadtplaner:innen bei zukünftigen Projekten besser einschätzen, wie und wo die biologische Vielfalt gefördert werden kann.

Biologische Vielfalt in Städten fördern – das kannst du selbst tun

Auch jeder und jede einzelne von uns kann dazu beitragen, die Artenvielfalt in Städten zu erhöhen und die biologische Vielfalt zu fördern. Schon kleine Veränderungen im Alltag können einen Unterschied bewirken:

Biologische Vielfalt fördern – Lebensmittel in Bio-Qualität kaufen

Eine einfache, aber dennoch wirksame Maßnahme zum Schutz der Biodiversität ist es, Bio-Lebensmittel zu kaufen. Denn die Landwirtschaft, die mit Pestiziden und Düngern arbeitet, stellt mittlerweile eine der größten Gefahren für die Artenvielfalt dar. Die Giftstoffe töten Insekten und Kleinstlebewesen in der Umgebung, Feldvögel finden keine Nahrung mehr – das gesamte Ökosystem gerät aus dem Gleichgewicht. Schonend bewirtete Böden nach Bio-Maßstäben hingegen bieten der Umwelt genügend Raum. Wer einen eignen Garten oder Balkon besitzt, pflanzt am besten selbst Obst und Gemüse an.

Biologische Vielfalt fördern – mehr Vielfalt dank Insektenhotels

Alle, die über einen Balkon oder einen Garten verfügen, können dort Insektenhotels aufstellen. Diese bieten den Tieren eine Alternative zu den immer knapper werdenden natürlichen Lebensräumen. Insekten können in den Bauten aus Holz, Holzspänen und Ziegeln nisten und überwintern. Für den Naturschutz leisten diese „Hotels“ einen wichtigen Beitrag, denn Insekten bestäuben Pflanzen und fressen gleichzeitig Schädlinge. Desto mehr Pflanzen sie bestäuben, desto bessere Chancen für mehr biologische Vielfalt – auf dem eigenen Balkon, im eigenen Garten und im umgebenden Ökosystem.

Biodiversität: Nahaufnahme eines Insektenhotels.
FOTO Getty Images

In den Holzspänen und Nischen eines Insektenhotels finden Insekten Platz zum Nisten und Überwintern.

Biologische Vielfalt fördern – auf Pestizide verzichten

Aus Liebe zur Natur und Artenvielfalt lohnt es sich, im Garten oder auf dem Balkon auf den Einsatz von Pestiziden und Unkrautvernichtungsmitteln zu verzichten. Denn wie auch in der Landwirtschaft töten diese meist nicht nur die Schädlinge, sondern auch andere Insekten und Lebewesen, die in der Erde wohnen – obwohl diese wichtig für Ökosysteme und den Erhalt der biologischen Vielfalt sind.

Biologische Vielfalt fördern – Lichtverschmutzung verringern

Wer der Umwelt etwas Gutes tun will und die Biodiversität schützen möchte, sollte auf eine sparsame Beleuchtung im Garten, auf dem Balkon oder an Außenfassaden achten. Denn das künstliche Licht lockt nachts Insekten an, die entweder daran verglühen oder es so lange umkreisen, bis sie an Erschöpfung sterben. Deshalb sollten Lichtkegel am besten immer nach unten strahlen und warmweißes LED-Licht eingesetzt werden.

Katrin Brahner
Autorin Katrin Brahner

Wenn Katrin nicht gerade die weite Welt bereist, übt sie Kopfstand auf ihrer Yogamatte, oder spaziert mit einer Matcha-Latte durch die Straßen Hamburgs. Immer wenn sie die Zeit findet, stattet sie auch ihrer alten Heimatstadt Berlin einen Besuch ab. Als Redakteurin hat sie ihre Leidenschaft zum Beruf gemacht und schreibt heute am liebsten über Travel-, Mindfulness- oder Zeitgeist-Themen.

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