Die Kraft des Meeres ist unberechenbar – und vor allem unterschätzt: Denn Salzwasser kann eine grüne Alternative zu Lithium und damit herkömmlichen Batterien sein: Welches Start-up Salzwasser nutzt, um das Leben eines indigenen Volkes zu bereichern, und inwieweit es Teil der Energiewende sein kann – Antworten dazu findest du hier.
Ein Start-up bringt Licht ins Dunkel der Wayúu
Zu ihrer Idee inspirierten ihn die Wayúu: Nicolás Pinzón Córdoba, Mitbegründer und Marketingchef beim Start-up E-Dina, erkannte die missliche Lage des indigenen Volks, dass sich nach Sonnenuntergang gar nicht oder schlecht Alltagsaufgaben widmen konnte. Ohne richtigen Anschluss an das öffentliche Stromnetz war es weder möglich zu fischen, noch konnte Handarbeiten gewissenhaft nachgegangen werden – beides Einkommensquellen und damit Sicherheit für das bescheidene Leben der Wayúu. Und auch den Kids wurden die Schularbeiten in den dunklen Stunden erschwert.
Mit dieser Situation sind sie nicht allein. Um die 800 Millionen Menschen haben keinen zuverlässigen Zugang zu Strom. Oftmals wird an den Orten, wo Stromleitungen die Haushalte noch nicht erreichen konnten, Mini-Netze wie Solarzellen oder Dieselgeneratoren platziert. Doch leider gelingt eine solche Energie-Integration nicht überall einwandfrei – wie bei den Wayúu. Für die WaterLight-Erfinder, also Pinzón und sein Team, eine unzumutbare Lage. So machten sie sich daran, eine optimale Lösung für das indigene Volk auf der abgelegenen Halbinsel La Guajira zu finden. Sie sollte wetterunabhängig sein, sodass Wind- und Solarenergie ausschied. Die Entscheidung fiel auf Salzwasser, schließlich ist die Halbinsel zu Teilen umgeben vom Meer. Damit hatte das Start-up eine nahezu unendliche Ressource in nächster Nähe gefunden, die als Energiequelle Tag und Nacht verfügbar ist. Doch wie wird aus Salzwasser Licht beziehungsweise Strom?
So funktioniert eine Salzwasserbatterie
Im Prinzip funktioniert ein Natrium-Ionen-Akku, auch als Salzwasserbatterie bekannt, wie eine herkömmliche Lithium-Ionen-Batterie. Da es sich bei Speicherung von Energie um eine Sekundärbatterie handelt, also einem Akku, kann sie be- und entladen werden. Alle Sekundärbatterien besitzen zwei Elektroden mit Plus- und Minuspol. Diese Pole sind umgeben von einem Elektrolyten, der in der Regel Ionen enthält, womit die Batterie elektrisch leitfähig ist. Sprich: Wird ein Verbraucher, also zum Beispiel ein Handy zum Laden daran angeschlossen, wird dieser mit Strom versorgt. Währenddessen entlädt sich die Batterie. Da es sich um einen Akku handelt, kann die Batterie selbst auch wieder aufgeladen werden – zum Beispiel mittels Steckdose oder Sonnenstrahlen. Dabei läuft der Elektronenaustausch genau andersherum ab: Während beim Entladen, also Verwenden der Batterie, die Ionen vom Minus- zum Pluspol wandern, werden beim Aufladen die Ionen vom Plus- zum Minuspol geschickt.
Der Unterschied bei einer Salzbatterie: Als Elektrolyt wird Salzwasser genutzt. Und auch die Plus- und Minuspole sind aus umweltfreundlicheren Stoffen als bei Blei- oder Lithium-Ionen-Batterien: So wird zum Beispiel Manganoxid oder Kohlenstoff-Titan-Phosphat statt Kobalt eingesetzt. Bei WaterLight ist die Technologie noch etwas anders: Da sie auf keine externe Stromquelle wie eine Steckdose oder Solarenergie zurückgreifen können, brauchen sie immer wieder neues Salzwasser als Energiequelle.
Vor- und Nachteile einer Salzwasserbatterie
Eine Salzwasserbatterie besitzt viele Vorteile gegenüber der Standard-Batterie. Sie ist umweltfreundlicher – sowohl im Abbau als auch im Recycling. Zudem gilt sie als ungefährlich, auch bei Hitze. Sie ist also sicherer und hat zudem kein Problem mit der Tiefenentladung. Besonders interessant für die Industrie ist die hohe Verfügbarkeit der Rohstoffe. Denn Salzwasser beziehungsweise Natriumsulfat lässt sich wohl als heutigen Sand am Meer betiteln. Alles überzeugende Aspekte.
Aber natürlich gibt es einen Grund, warum nicht alle Akkus bereits mithilfe von Salzwasser zum Laufen gebracht werden. Einer der Hauptgründe ist die geringere Energiedichte. Sprich, um dieselbe Leistung zu bringen wie andere Batterien, muss die Salzwasserbatterie größer und schwerer sein. Allein dieser Punkt macht den Salzwasser-Akku für die E-Mobilität unbrauchbar: Denn dort werden leichte und kleine Batterien genutzt, um den Energiebedarf gering zu halten. Ein weiteres Problem: das Be- und Entladen dauert länger.
Derzeit sind die Kosten für Salz-Batterien in der Anschaffung auch noch höher als bei herkömmlichen Batterien. Da allerdings die Rohstoffe für Salzwasserbatterien günstiger sind, wird sich mit hoher Wahrscheinlichkeit mit der Zeit der Preis reduzieren. Allein aus dem Grund, dass die Rohstoffe der bisher genutzten Lithium-Ionen-Akkus begrenzt sind. Das heißt, mit der Reduktion der Ressourcen steigen die Preise dafür. Perspektivisch wird also eine grüne Alternative gebraucht werden.
Ein Design für die Bedürfnisse
Im Fall von WaterLight ist die Effizienz dieser Technologie genau an das Bedürfnis der Wayúu angepasst. Die Hersteller von WaterLight versprechen, dass ihre Form der Batterie einen halben Liter Salzwasser in Licht-Energie für 45 Tage umwandelt. Die Batterie ähnelt dabei optisch als auch von der Handhabung einer Trinkflasche: Salzwasser kann einfach ins Innere gefüllt werden. Und auch beim Design haben die Erfinder darauf wertgelegt, es im Stile der Wayúu zu gestalten. Die Gurte an der holzverkleideten Lampe sind in liebevoller Handarbeit von den Wayúu selbst geknüpft. Damit ist jede Wasserleuchte ein Unikat. Neben Leuchten fungiert WaterLight auch als Powerbank für kleine elektrische Geräte wie ein Handy. Zwischen zwei bis drei Jahre hält die vom Meer betriebene Lampe. Eine überschaubare Lebensdauer, allerdings sind die Lights aus recycelbarem Material gebaut und können so nachhaltig entsorgt werden.
Die Zukunft der Energiespeicherung
Auch ein paar andere Hersteller setzen bereits auf die Entwicklung von Salzwasserbatterien. So auch der österreichische Hersteller Bluesky Energy, der die sogenannte Greenrock Salzwasserbatterie produzierte. Dieser ist allerdings im letzten Jahr insolvent gegangen. Noch ist es ein schwieriges Feld in der Branche, denn die Leistung von Salzwasser-Akkus kann nicht mit der Lithium-Ionen-Batterie mithalten. Doch die Salzwasserbatterie hat Potenzial: Auch wenn sie sich aufgrund von Gewicht und Größe noch nicht für mobile Gegenstände wie Handy und E-Auto eigenen, sind sie jedoch perfekt zur umweltfreundlichen Speicherung von Sonnen- und Windenergie. Und auch als alternatives Heimspeichersystem für herkömmlichen PV-Solarspeicher eignet sich diese Form der Batterien. Sie sind sicherer und haben kein Problem mit der Tiefenentladung. Am Ende wird es wohl die Kombination aus Salzwasserbatterie und Lithium-Ionen-Akku sein.