Die Designerin Yael Issacharov vereint in ihrem nachhaltigen Kühlsystems aus Terrakotta das Beste aus Tradition und Moderne – erweckt Wände zum Leben.
Globale Probleme lokal lösen
Es gibt Menschen, die begegnen weltweiten Herausforderungen wie dem Klimawandel mit lokalen Ideen. Eine davon ist die Industriedesignerin und Illustratorin Yael Issacharov. Für ihre Diplomarbeit am israelischen Holon Institute of Technology entwickelte sie Nave, ein nachhaltiges Kühlsystem für Innenräume. „Nave – auf Hebräisch נווה – bedeutet Oase. Was als mein Diplomarbeitsprojekt begann, befindet sich derzeit in der Entwicklungsphase“, erklärt sie. „Mein Wunsch ist es, Nave als erschwingliche Kühllösung in Gebäuden einzusetzen, die sich in Wüstenumgebungen befinden – denn leider dehnen sich diese Umgebungen aus.“
Rund 40 Prozent der Landfläche der Erde sind Trockengebiete, fast ein Siebtel davon Wüsten. Weltweit kommen jährlich 70.000 Quadratkilometer durch Desertifikation, also fortschreitende Wüstenbildung, dazu. Insgesamt leben etwa ein Drittel der Weltbevölkerung in Trockengebieten – Tendenz steigend. An all diesen heißen Orten brauchen die Menschen Kühlung. Rund 10 Prozent des weltweiten Energieverbrauchs geht auf das Konto von Klimaanlagen – auch hier: Tendenz steigend.*
Um eine nachhaltigere Lösung zu finden, warf die Designerin zuerst einen Blick in die Vergangenheit. Für die Israelin ein besonders wichtiger Schritt, denn „meistens waren die Lösungen aus der Vergangenheit wirklich nachhaltig. Man musste das verwenden, was man zur Hand hatte und was den lokalen Klimabedingungen und Materialien entsprach. Als Designer haben wir die Verantwortung, von traditionellen Lösungen zu lernen. Es ist ein Privileg über das Wissen und die moderne Technologie zu verfügen, um traditionelle Lösungen wiederzubeleben.“
Die Antwort lag in der traditionellen Verwendung von Terrakotta, erklärt Yael: „Die Kühlmethode des Projekts basiert auf dem palästinensischen Jara – einem traditionellen Terrakotta-Wasserbehälter, der an der Decke des Raums aufgehängt wurde. Er kühlte das Trinkwasser und den Raum. Auch in anderen Kulturen wurden traditionell Terrakotta-Behältern wegen ihrer Kühl- und Wärmeschutzqualitäten verwendet.“
Terrakotta-Fliesen als nachhaltige Klima-Anlage
Yaels zweiter Blick richtete sich in die Zukunft: Sie entwickelte ein Terrakotta-Fliesensystem, das mit Hilfe eines Wasserdurchflusses zur Kühlung von Innenräumen in Wüstenumgebungen verwendet werden kann. Dabei bestand die größte forschungstechnische Herausforderung bei der Entwicklung von Nave darin, ein traditionelles, unkontrollierbares Kühlprinzip aus den natürlichen Materialien Wasser und Terrakotta in ein modernes, kontrolliertes Kühlsystem zu verwandeln: „Das war entscheidend. Das System muss komfortabel sein, um als Kühllösung attraktiv zu sein. Außerdem muss es die in das System gelangenden Wassermengen sehr genau angeben, um nicht verschwenderisch zu sein und keine Schäden zu verursachen.“
Aus diesen Gründen steuert eine spezielle Technik die Bewässerung. Sie optimiert Temperatur, Feuchtigkeit und Wasserverbrauch und verhindert Schimmelbildung. Der Strom- und Wasserverbrauch ist minimal, das System arbeitet automatisch und autonom, um den Raum konstant gekühlt zu halten. Die einfache Montage basiert auf bestehenden Baulösungen. „Ich habe die Probleme durch viel Forschung gemeistert – und durch Inspirationen und Beratung mit Leuten, die klüger sind als ich“, lacht die Israelin, die derzeit in Barcelona lebt und arbeitet.
Hinzu kam Yaels Vision von „Wänden, die im Raum aktiv werden können – was den Menschen zugutekommt, die in dem Raum leben“. Statt passiv Räume voneinander zu trennen, bekommt die Wand durch Yaels Idee eine Funktion. Deshalb gibt es Nave als Wandfliese, Trennwand und als vertikales Totem – ganz ähnlich dem Vorbild des traditionellen Jara. „Ich würde mich sehr freuen, mehr Produkte und Gebäude zu sehen, die lokale Materialien und Lösungen verwenden, um globale Probleme zu lösen“, schließt Yael Issacharov ab und widmet sich wieder ihrer Idee, die die Welt ein bisschen besser machen kann.
Drei nachhaltige Gründe, warum du Terrakotta in dein Leben integrieren solltest
Grund 1 – Natürlich
Bei der Herstellung werden keine Chemikalien oder künstliche Materialien verwendet. Deshalb wirkt sich Terrakotta weder direkt noch indirekt negativ auf die Umwelt aus. Die relativ kleinen Abbaugruben verwandeln sich später in wertvolle Biotope.
Grund 2 – Wiederverwendbar
Terrakotta kann man leicht recyceln. Mit einer Recyclingquote von 95 % gehört der gebrannte Ton zu den Spitzenreitern.
Grund 3 – Langlebig
Produkte aus Terrakotta sind extrem langlebig. Weil sie witterungs- und hitzebeständig sind und zusätzlich Feuchtigkeit aufnehmen können, halten sie fast jedem Verschleiß stand.
* Quellen: