FOTO Anna Zorina Gallery

Kunst

Bubble Wrap Art, Bradley Hart schafft ein neues Kunst-Genre

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Der kanadische Künstler Bradley Hart macht aus Luftpolsterfolie eindrucksvolle „Gemälde“ und schafft damit eine innovative Kunstrichtung.

Bradley Hart und seine Kunst aus Luftpolsterfolien

Für seine Kunstwerke benötigt Bradley Hart keine Pinsel, kein Papier, keine Leinwand aus Baumwolle oder Leinen. Stattdessen finden sich in seinem New Yorker Atelier hunderte Spritzen, Eimer voll Acrylfarbe – und Luftpolsterfolie. In teils tagelanger Arbeit befüllt der 47-jährige Kanadier jedes einzelne Luftpolster der Folie mit Farbe. So entsteht Luftpolster für Luftpolster ein Bild: Mit etwas Abstand betrachtet, bilden sich aus diesen Punkten Linien, Flächen, Gesichter, Landschaften und vieles mehr. Bubble Wrap Paintings oder Bubble Wrap Art nennt Bradley seine Kunst – abgeleitet vom englischen Begriff „Bubble Wrap“ für Luftpolsterfolie.

Bubble Wrap Art ist ein Spiel mit den Emotionen

Die Idee für diese neue Form der Kunst kam Bradley während seiner ersten Solo-Ausstellung im Jahr 2009. Er beobachtete zwei Sicherheitsbeamte dabei, wie sie die Menschen immer wieder darauf hinwiesen, genügend Abstand zu den Kunstwerken zu halten und bloß nichts anzufassen. Selbst wer einer beim Aufbau vergessenen Luftpolsterfolie zu nahe trat, erhielt eine Ermahnung. „Ich betrachtete die Rolle mit der Luftpolsterfolie – und plötzlich hatte ich einen Aha-Moment“, erinnert sich Bradley in einem Interview. Er wollte mit den Emotionen von Betrachter:innen spielen und Kunst auf einem Material erschaffen, das wir geradezu instinktiv anfassen wollen, um die Luftpolster wie früher als Kind platzen zu lassen.

Mit Spritzen zum Kunstwerk

Über 100 verschiedene Farben und rund 2000 Spritzen zum Befüllen der Luftpolster kommen zum Einsatz, wenn Bradley eines seiner Bubble Wrap Paintings erschafft. Für seine Interpretation des berühmten Werks „Das Mädchen mit dem Perlenohrring“ von Van Gogh, befüllte er 450 Stunden lang rund 34.000 Luftpolster mit Farbe. Es dauerte alleine zwei bis drei Tage, um die Spritzen mit der Farbe aufzuziehen.

Für Bradley hat die Arbeit mit Spritzen eine sehr persönliche Bedeutung. Denn 2003 wurde bei ihm die Nervenkrankheit Multiple Sklerose diagnostiziert. Seitdem muss er sich selbst Medikamente injizieren. Rückblickend, glaubt Bradley, schwebte die Idee, mit Spritzen zu malen schon seit der Diagnose in seinem Hinterkopf.

Eine Luftpolsterfolie, viele Bilder

Mithilfe eines Computerprogramms legt Bradley fest, wie die Farben in der Folie angeordnet werden. So entstehen Porträts, Landschaften und Stillleben im Pixellook. „In unserer Zeit sind viele unserer Erinnerungen digitale Fotos, aber meine Pixel werden für immer bleiben“, sagt er. Die Luftpolster befüllt Bradley mit so viel Acrylfarbe, dass überschüssige Reste an den Bubbles herunterlaufen. Diese Schicht zieht Bradley am Ende als zweites Bild ab – eine tropfende und fließende Variante des Originalwerks. „Impressions“ nennt er diese abstrakten Duplikate. Tatsächlich platzen lassen sich die Luftpolster seiner Werke nicht. Denn die Farbe trocknet in den Bubbles und lässt sie hart werden.

Das änderte sich allerdings 2019. Bradley hatte einen Unfall, verletzte sich seine Knie und ist seitdem auf einen elektrischen Mobilitätsroller angewiesen. Seinen neuen Begleiter wollte er in seine Kunst integrieren: anstatt die Farbe in den Luftpolstern trocknen zu lassen, legt er manche seiner Gemälde seither mit einer Leinwand abgedeckt auf den Boden. Dann fährt er mit seinem Roller darüber und bringt die Bubbles zum Platzen.

Das Ergebnis ist ein abstrakter Farbverlauf seines eigentlichen Werks. Bis die Farbe getrocknet ist, können so mehrere Abdrucke entstehen, die jedes Mal anders aussehen. Warum er manche Bubble Wrap Paintings „überfahren“ will und andere nicht – das weiß er selbst noch nicht so genau.

Bubble Wrap Art als Statement

Mit seiner Kunst will Bradley die Menschen auch für einen achtsameren Umgang mit Plastikmüll sensibilisieren. „Bubble Wrap verweist auf die Plastiknatur unserer Gesellschaft. 99 Prozent aller Dinge, die wir benutzen, bestehen aus Plastik. Die meisten Konsumgüter sind aus Kunststoff geformt und werden in Massenproduktion hergestellt“, schreibt er auf seiner Website. Mit viel Zeit und Geduld verwandelt er den scheinbaren Müll in Kunst – ein leises Statement gegen die Wegwerfmentalität. Er selbst versucht während seiner Arbeit so wenig Müll wie möglich zu verursachen, recycelt ausrangierte Spritzen und sammelt überschüssige Farbtropfen auf der Luftpolster- und Abdeckfolie, um sie für spätere Werke wieder zu nutzen.

Katrin Brahner
Autorin Katrin Brahner

Wenn Katrin nicht gerade die weite Welt bereist, übt sie Kopfstand auf ihrer Yogamatte, oder spaziert mit einer Matcha-Latte durch die Straßen Hamburgs. Immer wenn sie die Zeit findet, stattet sie auch ihrer alten Heimatstadt Berlin einen Besuch ab. Als Redakteurin hat sie ihre Leidenschaft zum Beruf gemacht und schreibt heute am liebsten über Travel-, Mindfulness- oder Zeitgeist-Themen.

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