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Camping

Jurten – so luxuriös kann Camping sein

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Sie gehören zu den ältesten „Bauten“ der Welt und sind dennoch absoluter Camping-Trend: Jurten. Welche Portale und Websites ein Übernachten im Grünen Europas möglich machen und welche Geschichte hinter den Eigenheimen der Nomaden steckt? Das liest du hier.

Urlaub in Europas Naturhäuschen

Die Masse hinter sich lassen und in die Natur eintauchen – das war die Intention der zwei niederländischen Brüder Tim und Luuk van Oerle, als sie ihr Buchungs-Portal für Naturhäuschen 2009 ins Leben riefen. Tim war noch Student für Wirtschaft, Umwelt und Politik, als sie zunächst die niederländische Variante „Natuurhuisje“ gründeten. Die Idee dazu kam mit der vergeblichen Suche nach einer ruhigen Ferienunterkunft zur Vogelbeobachtung in Spanien. Statt auf ein abgelegenes Haus stießen sie nur auf Bungalows in Ferienparks, die alles andere als Ruhe versprachen. Das war der Start von Naturhäuschen: Ihre Plattform bietet naturnahe Orte, weit entfernt von Massentourismus und dem hektischen Leben der Stadt. Und auch in Sachen Nachhaltigkeit müssen die dort angebotenen Häuser und ihre Betreiber Aspekte wie effiziente Energienutzung und Mülltrennung erfüllen. Den van Oerles liegt der respektvolle Umgang mit der Natur am Herzen, sodass sie selbst Naturschutzprojekte fördern. Ein besonderer Fokus liegt darauf, die lokale Biodiversität zu erhalten. Dafür arbeiten die zwei Brüder mit Partnerorganisationen zusammen, die beispielsweise für eine Wiederaufforstung heimischer Wälder sorgen. Unter ihren Ferienhäusern sind nicht nur Bungalows, sondern auch Jurten, die durch ihren Komfort ein Glamping-Erlebnis ermöglichen. Doch was sind eigentlich Jurten und woher kommen sie?

Mongolische Jurte
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Ein mongolisches Jurtenzelt in der weitläufigen Landschaft des ostasiatischen Landes.

Die oberer Öffnung einer Jurte von innen
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Die Öffnung oberhalb einer Jurte.

Mongolische Jurten: die Geschichte der Nomaden-Häuser

Weitläufige Steppe und deren unberührte Natur: So erscheint die mythische Landschaft der Mongolei, die einen Großteil des Landes einnimmt. Bis zu Minus 40 Grad kann es hier in den Wintermonaten werden. Temperaturen, bei denen sich die meisten von uns im Haus verkriechen möchten. Für knapp ein Drittel der mongolischen Bevölkerung bestehen diese nicht aus festen Mauern, sondern aus Lagen von Filz und Stoff. Das müssen sie auch, denn in den zeltähnlichen Unterkünften leben Nomaden – Menschen mit mobilem Lebensstil. Mitsamt ihrer Tierherde, die meist Lebensgrundlage der Nomaden darstellt, ziehen sie durch die mongolische Natur. Rast machen sie an dichten Graslandschaften, die zur Nahrungsquelle der Herde werden.

Dort schlagen sie auch ihre Jurten auf. Alles an dieser Unterkunft ist bedacht: So wirken die Stoffwände isolierend, die Zeltkonstruktion aus einem runden Holzgitter ist selbsttragend und stabil, die runde Form bietet kaum Angriffsfläche für Wind. Und auch der Auf- und Abbau gestaltet sich einfach und schnell. Zum Kochen und Heizen steht im Zentrum einer Jurte ein portabler Ofen, deren Qualm über die Öffnung oberhalb oder einer Art Schornstein nach draußen geleitet wird. Bereits seit der Bronzezeit soll es diese zeltähnlichen Unterkünfte geben, die mit den Jahren etwas angepasst wurden.

Von Minimalismus zur Moderne: Jurten als grüne Erholungsstätte

Schließlich war es der Amerikaner und kreative Kopf William Coperthwaite, der 1962 einen Artikel in der National Geographic las und erkannte, welches Potenzial in der traditionellen Behausung steckte. Von dieser mongolischen Baukunst inspiriert, schuf er eigene und moderne Jurten-Interpretationen. Anders als im ursprünglichen Sinn sind seine Kreationen aus beständigeren Materialien inklusive Küche und Bad erbaut und daher nicht mobil. Coperthwaite Jurten vereinen nicht nur Tradition mit Moderne, sondern auch Minimalismus und Komfort. Mittlerweile haben sich Jurten auch als beliebte Campingalternative zum herkömmlichen Zelt etabliert – besonders in den kalten Jahreszeiten. Neben traditionelleren Unterkünften gibt es auch immer mehr luxuriöse Varianten. So oder so: Beide bieten eine Auszeit in nächster Nähe zu Natur.

Campspace – Outdoor-Abenteuer in nächster Nähe

Nachhaltiger Kurzurlaub in Jurten und Co. – darum geht es auch bei Campspace. Das Portal ist wie Naturhäuschen eine Plattform für Gastgeber:innen als auch Besucher:innen im Bereich Camping. Neben Deutschland haben sie auch Unterkünfte in europäischen Ländern wie Italien und Frankreich in ihrem Portfolio. Über Europa hinaus gehen sie allerdings nicht – aus Liebe zur Umwelt. Auf die Idee kam Mitgründer Alexander während eines Campervan-Roadtrips mit seiner Freundin 2016. Genervt von den überfüllten und riesigen Campinganlagen fanden sie schließlich auf dem Grundstück eines Anwohner-Paares Platz zum Übernachten. Neben Empfehlungen für Aktivitäten brachten die Gastgeber:innen ihnen auch noch Frühstück ans Bett. Eine Erfahrung, die Alexander zu Campspace inspirierte. Neben Jurten bietet die Plattform jede Menge anderer Camping-Rückzugsorte wie Tiny Häuser oder auch Wohnmobilstellplätze.

Jurtendorf in der Schweiz – gemeinschaftlich naturnah leben

Diese Website erzählt nicht nur von einem Leben in Jurten, sondern bietet auch die Möglichkeit, selbst ein Teil davon zu werden. Livia und Andrea folgten ihrem Traum vom Jurtendorf, das mittlerweile Platz für 75 Personen zum Übernachten bietet. Als sich die beiden Frauen 1996 in Mexiko begegneten, erkannten sie schnell, was sie verband: Ihr „Dörflitraum“ – ein Selbstversorger-Ort, wo Minimalismus, Gemeinschaft und Natur im Vordergrund stehen. Doch bis das erste Jurtendorf stand, verging Zeit. Nachdem Andrea selbst für zwei Jahre in einer Jurte wohnte, entflammte der Traum 2002 erneut, diesmal konkreter: ein Dorf von Jurten. So machten sich die zwei Frauen an die Arbeit und bauten fünf solcher Exemplare, die sie im Sommer 2003 für zwei Monate in Finsterwald (LU) inmitten in der Natur platzierten. Doch das reichte ihnen nicht: Nach den schönen Erfahrungen konnten sich die Gründerinnen des Jurtendorfs nicht mehr vorstellen, nur einige Monate dort zu leben. So folgten sie und ihr Team dem Beispiel der Nomaden und machten die besonderen Zelte wintertauglich. Mit einem Teamwechsel und ihrem mobilen Nomadenleben stieg der Wunsch nach Beständigkeit in Form eines festen Standortes: In der Gemeinde Luthern fanden sie 2012 schließlich Platz für ihr Selbstversorger-Dorf. Neben Schlaf- und Seminarjurten beinhaltet es auch sechs Gästejurten, in der insgesamt bis zu 20 Personen Platz haben. Zudem gibt es noch eine große Gemeinschaftsjurte, in der Besucher:innen vom Team mit vegetarischen und veganen Köstlichkeiten – zum großen Teil aus eigenem Anbau – versorgt werden. Das Jurtendorf möchte allen die Möglichkeit eröffnen, diese naturnahe und gemeinschaftliche Erfahrung zu machen und verzichtet daher auf einen festen Preis. Einen Richtpreis kann man auf der Website finden. Wer sich eine Jurte als Eventlocation oder feste Raumerweiterung des Eigenheims wünscht, ist ebenfalls beim Jurtendorf richtig.

Judith Püschner
Autorin Judith Püschner

Judith liebt das Leben mitten in der Metropole Köln. Ihr Gespür für spannende Storys führt sie regelmäßig zu außergewöhnlichen Themen mit aktuellem Zeitgeist. Schon seit ihrer Kindheit folgt sie ihrer Passion, dem Schreiben; seit zwei Jahren nun auch als Redakteurin. Besonders begeistern sie die Themen Psychologie, DIY und Yoga. Bereiche, über die sie als Online-Redakteurin schreibt und die sie gerne ihrer Freizeit ausübt. Ein Gespür für ästhetische Einrichtung besitzt sie bereits seit ihrem Studium im Bereich Design. Seither entdeckt sie immer wieder neue Design-Innovationen und einzigartige Architekturen, über die sie auf kronendach berichtet. 

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