Diese Schule aus Bambus revolutioniert das Lernen: Naturverbunden, innovativ, praktisch. Gestartet in Balis Dschungel erobert das Konzept Neuseeland und Südafrika. Wir stellen es vor.
Grenzenlos: Das Wort beschreibt den balinesischen Dschungel wie kein anderes – und genauso einen der wegweisenden Lernorte der Zukunft: Die Green School in Bali. Die Schule verfolgt einen offenen Lernansatz und stellt dabei die freie Entfaltung von Kreativität und Gedankenspielen in den Mittelpunkt. Ein ganzheitliches Konzept, das sich auch in der Konstruktion der Schulgebäude aus Bambus widerspiegelt. Ohne Wände stehen die Häuser in einer Symbiose mit der Natur und das auch wegen ihrer nachhaltigen und organischen Bauweise. So widersetzt sich die Green School nicht nur in ihren Lernmethoden den Konventionen, sondern auch in ihrer Architektur. Aber vielleicht ist es ja genau das, was unsere Welt braucht? Unkonventionelle Ideen, die etwas bewegen und so neue Normen schaffen.
Eine Schule für unsere Welt gebaut
Die Klimakrise verändert unser bisheriges Leben. Die nächsten zwanzig Jahre so weitermachen, das ist unmöglich. Die Welt braucht neue und vor allem nachhaltige Lösungen. In den Wäldern Balis beschäftigen sich bereits seit 2006 Kinder und Erwachsene aus der ganzen Welt genau damit: mit neuen Konzepten und Methoden den Planeten nachhaltiger zu machen. In der sogenannten „grünen“ Schule ohne Wände revolutioniert Bali das konventionelle Lernen. Statt auf Theorie basierten Lehrplänen wird sich hier mit praxisnahen Ideenfindungen beschäftigt. Der projektdominierte Unterricht ist vielmehr ein Austausch und Mitgestalten von Lehrenden und Lernenden. Dabei wird der Kreativität in der Erfindungsphase keine Grenzen gesetzt. In den Projekten befassen sich die Lernenden mit aktuellen und zukünftigen Problemen der Welt und finden selbstständig grüne Antworten darauf. Ganz nach dem Motto „learning by doing“ setzen die Lernpsychologen auf praktisches Üben. Die Schüler:innen sollen erfahren statt stupide wiederholen, denn das macht Lernen wirklich aus. Handwerkliche Arbeiten auf dem Campus sind Teil des Unterrichts. Genutzt werden organische Materialien, ganz gleich ob Bambus oder andere Pflanzen aus dem Garten. Neben natürlichen und nachhaltigen Hilfsmitteln gehören auch Laptops mit High Speed Internet zu Werkzeugen, mit denen die Lernenden tagtäglich umgehen.
Die Geschichte hinter der Green School
Statt die Schüler:innen darauf zu trainieren, ein und denselben Wissensstand zu erwerben, fördert die „grüne“ Schule ihre Talente individuell. Das Lernkonzept setzt auf Spaß und eigenes Erleben, anstatt auf Frontal-Unterricht, in dem 45 Minuten stur auf die Tafel gestarrt wird. Die Idee für diese Art von nachhaltigem Lernen hatte das Ehepaar John und Cynthia Hardy. Der Kanadier arbeitete ursprünglich als Schmuckdesigner, als er seine Frau auf Bali kennenlernte. Gemeinsam brachten sie vier Kinder auf die Welt, die als Inspiration für die Green School beitrugen. Für ihren Nachwuchs wollten sie Möglichkeiten schaffen, um deren Leben auf Erden zu verbessern. So entstand die erste Green School der Welt, die in den mittlerweile auch ihren Weg nach Neuseeland, Südafrika und Tulum fand. Mit dem Konzept des nachhaltigen Lernens möchten sie den Kindern über die Schule hinaus eine Begeisterung und Aktivität mitgeben, sich immer wieder mit der ständig wandelnden Welt auseinanderzusetzten. Damit ist die Green School nur der Auftakt für die Freude am lebenslangen Lernen.
The Arc – ein Bambus-Bau, der den Horizont erweitert
Nicht nur beim Lernen ist die Green School Vorreiter in Sachen Nachhaltigkeit, sondern auch in ihrer Architektur. Alle Bauten auf dem Campus der Green School sind aus Bambus. Neues Zentrum ist „The Arc“, eine Sporthalle, die weit mehr als das ist. In seiner Architektur mit organischen Formen und Strukturen erinnert der Bau inmitten grüner Pflanzen eher an eine Wellnessoase als eine Halle für sportliche Aktivitäten. Mit Absicht: Dieses Gebäude soll ein Wohlfühlort sein, der über sportliche Veranstaltungen hinaus als Treffpunkt der Gemeinschaft fungiert. Gebaut wurde das architektonische Bambus-Kunstwerk 2021 vom Designbüro Ibuku unter der Leitung der Kreativdirektorin Elora Hardy, Tochter des Green-School-Gründers. Das Team von Ibuku hat sich auf das Bauen mit Bambus spezialisiert und hat bereits in den Jahren davor beeindruckende Gebäude realisiert wie auch das Green Village nahe des Schulcampus. In Zusammenarbeit mit dem Bambusbau-Experten Jörg Stamm und dem britischen Ingenieurbüro Atelier One baute Ibuku in 14 Metern Höhe mit einer Spannweite von 19 Metern ein Dach aus sich kreuzenden Bambusbögen, die durch ein Gitternetz gefestigt sind. Die Krümmung in zwei entgegengesetzte Richtungen macht das Dach stabil, sodass die gigantische Baukunst über die Bambusbögen hinaus keine zusätzlichen tragenden Elemente braucht. Eine Revolution in der ökologischen Architektur. Doch so hoch, weitläufig und wandlos die Freilufthalle auch ist – das Gefühl, in einem schützenden Raum zu sein, bleibt. Bereichert wird diese Emotion von der nahtlosen Verbindung zur Natur. Auch im Bauprozess legen Architekten und Bauherren großen Wert auf Nachhaltigkeit und Natürlichkeit: Angefangen beim organischen Material Bambus, das sich durch seine Flexibilität und Stabilität perfekt zum Bauen eignet. Die Holz-Alternative wurde umweltschonend geerntet und nur mit ökologischen Mitteln behandelt. Inspiriert wurde der Bogen-Bau vom Menschen selbst. Genaugenommen von der Anatomie unseres Brustkorbes. Die Bambusbögen gleichen den Rippen und das Gitternetz unserer Haut sowie dem Muskelgewebe. Das Ergebnis dieser einzigartigen Architektur: Ein im Design und Material organisches als auch robustes Gebäude, das dennoch federleicht wirkt.
Destination für ein grüneres Bewusstsein
Das Thema Nachhaltigkeit ist auf dem Bambus-Campus allgegenwärtig – auch in der Gestaltung des Tages. Bereits am Eingangstor der Schule gibt es eine Recycling-Station. Dort bringen die Lernenden Müll, insbesondere Plastik, von zu Hause und Umgebung hin, der dann getrennt an Recyclingunternehmen weiterverkauft wird. Teilweise werden die Abfälle in Kunstprojekten oder der eigenen Papierherstellung wiederverwertet. Im selbst angebauten Garten wachsen Gemüse und andere Pflanzen, die für Projekte und Mittagessen genutzt werden. Das vegane Essen vom Mittagstisch wird auf Bananenblättern serviert. Statt Teller abzuwaschen und Wasser zu verbrauchen, wird jedes Blatt danach im Garten einfach kompostiert. Die mehr als 100 Solarzellen erzeugen mehr als 80 Prozent des gesamten Strombedarfs der Schule. Und auch das aus Bambus selbstgebaute Wasserkraftwerk am Fluss sorgt für zusätzlichen Energie-Ressourcen. Die Lernenden werden in den autarken Versorgungsprozess mit einbezogen und bilden so über den praxisnahen Unterricht hinaus Selbständigkeit. Es ist ein ganzheitlicher Prozess, der Bewusstsein, Verantwortung und Handeln nachhaltig schult. Sich selbst zu helfen, das nehmen die Lernenden über den Schulalltag hinaus mit – und das für ein lebenslang. Diese Art der Bildung sensibilisiert die Kinder nachhaltig für Umweltprobleme als auch passenden Lösungen. Damit revolutioniert die Green School die bisherige Art von Bildung und ist wohl das beste Beispiel für nachhaltiges Lernen.

Für Judith beginnt der Tag erst mit einer Tasse Kaffee am Morgen, die sie im Sommer auf ihrem Balkon mitten im Herzen von Köln genießt. Wenn sie nicht gerade an Yoga-Skills wie der Krähe arbeitet oder während einer Wanderung die kleinen Wunder der Natur entdeckt, kommt sie ihrer Passion, dem Schreiben, nach. Besonders begeistern sie die Themen Psychologie, Architektur und alles rund um Zeitgeist.